Reflexion und Digitalisierung: Ein Blended Learning-Konzept zur Entwicklung von Reflexionskompetenz

Selbstreflexion gilt als „grundlegender Baustein für die Entwicklung pädagogischer Professionalität“ (Jahncke 2015, S. I). Wesentliches Element des Zertifikatslehrgangs Heterogenität und Mehrsprachigkeit ist daher auch die gezielte Förderung der Reflexionskompetenz angehender Lehrkräfte. Die Integration von Reflexionselementen in den Zertifikatslehrgang stützt sich dabei auf das Modell der Ebenen reflexiver Praxis nach Bräuer (2016). Das in der ersten Förderphase entwickelte und erprobte Reflexionskonzept des Zertifikatslehrgangs wird auch in der zweiten Förderphase fortgeführt.

   

Die Reflexionsaufgaben animieren die Studierenden dazu, erstens ihre eigenen Voraussetzungen zu betrachten, beispielsweise den Stellenwert von Heterogenität in der eigenen Schulzeit (schulbiographische Reflexion), zweitens die aktuell durchlaufenen Erfahrungen zu reflektieren, die sie etwa im Rahmen der Schulpraxisphase sammeln (z.B. Reflexion von Sprachförderung), und drittens Überlegungen in Bezug auf ihre künftige Tätigkeit als Lehrkraft anzustellen, zum Beispiel hinsichtlich der Relevanz sprachlich-kultureller Heterogenität in den später zu unterrichtenden Schulfächern (berufsbiographische Reflexion).

Zertifikatsbegleitend führen die Studierenden ein digitales Portfolio (ePortfolio) mithilfe des Portfoliosystems Mahara. Das ePortfolio dient der Sammlung und Dokumentation von Inhalten und der Bearbeitung von Reflexionsaufgaben. Darüber hinaus ermöglicht es Vernetzung und Austausch zwischen den Studierenden, die Bearbeitung von Team-Aufgaben, das Teilen von Inhalten sowie ergänzend zur Selbstreflexion auch die Fremdreflexion.  Die zu bearbeitenden Reflexionsaufgaben bauen systematisch aufeinander auf und sind mit Inhalten des Grundlagenseminars Heterogenität und Mehrsprachigkeit, des Vorbereitungs- und des Begleitseminars rückgekoppelt. Dieser dreigliedrige Seminarkomplex bietet in Verbindung mit den sozialen Funktionen des ePortfolios auch einen Rahmen für peer-learning. Insbesondere während der Schulpraxisphase hat das ePortfolio einen zentralen Stellenwert für die Verzahnung eigener praktischer Erfahrungen mit Inhalten universitärer Lehrveranstaltungen. Es leistet somit einen wesentlichen Beitrag für die Kompetenzentwicklung der Studierenden im Dialog von Universität und Schule.

 Kollegiale Fallberatungen (Dlugosch 2006, 2008) stützen und fördern darüber hinaus die Entwicklung eines multiperspektivischen Blicks, indem sie Fremdreflexionen sowie den interdisziplinären Austausch innerhalb der Zertifikatskohorte anregen. Moderierte und strukturierte Gespräche im Kreis von fünf bis acht Kommiliton*innen geben den Studierenden dabei Gelegenheit, die eigenen Erfahrungen zu verbalisieren, neue Perspektiven darauf zu gewinnen und gemeinsam Lösungsansätze zu erarbeiten.

 

Eine ausführliche Darstellung des Reflexionskonzepts des Zertifikatslehrgang sowie Einblicke in die Reflexionen der Studierenden finden Sie in Kürze in:

Hoch, Barbara & Wildemann, Anja (2020, eingereicht). Sensibilisierung durch Reflexion: Auf dem Weg zum Reflective Practitioner. In S. Oleschko, K. Grannemann, A. Szukala (Hg.), Diversitätssensible Lehrer*innenbildung: Bildungssoziologische und überfachliche Zugänge (Arbeitstitel). Münster: Waxmann.

 

Literatur

Bräuer, G. (2016). Das Portfolio als Reflexionsmedium für Lehrende und Studierende. 2. Aufl. Opladen/Toronto: Verlag Barbara Budrich.

Dlugosch, A. (2006). „So hab’ ich das noch nie gesehen …“: Kollegiale Fallberatung auf der Grundlage der Themenzentrierten Interaktion. Friedrich Jahresheft 2006, S. 128-131.

Dlugosch, A. (2008). Ein Fall für 5 bis 8: Mit Kollegialer Fallberatung Lösungen auf der Spur. Die Grundschulzeitschrift, 22(214), S.  4-8.

Jahncke, H. (2015). Das Portfoliokonzept als Methode zur Beförderung von Selbstreflexionsprozessen von angehenden Lehrerinnen und Lehrern. bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online 28, S. 1-24. Verfügbar unter: http://www.bwpat.de/ausgabe28/jahncke_bwpat28.pdf [19.07.2018].

Schön, D. A. (1983). The Reflective Practitioner. London: Temple Smith.